Bei einem Auffahrunfall in der Waschstraße haftet in der Regel der Anlagenbetreiber

13. September 2017

Wenn der Vordermann in der Waschstraße bremst, haftet i.d.R. der Anlagenbetreiber gegenüber dem Halter des dahinter befindlichen PKW.

Landgericht (LG) Paderborn, Urteil vom 26.11.2014 – 5 S 65/14 –

Fall:

Der Geschädigte fuhr mit seinem PKW in die Waschstraße des Anlagenbetreibers. Dort kam es zu einem Unfall, weil der Fahrer des davor in der Anlage befindliche PKW – aus welchen Gründen auch immer – gebremst und die Anlage den PKW des Geschädigten auf diesen geschoben hatte. Deshalb ist eine Pflichtverletzung des Anlagenbetreibers bereits darin zu sehen, dass das außer Betrieb gesetzte Fahrzeug des Geschädigten in und beim Betrieb der automatischen Waschanlage beschädigt wurde. Denn von der Schädigung auf die Pflichtverletzung des Anlagenbetreibers kann geschlossen werden, wenn der Geschädigte nachweist, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Betreibers herrühren kann. Diese Beweisvermutung kommt jedoch nur dann zum Tragen, wenn feststeht, dass der Schaden nur durch den automatisierten Waschvorgang in der Waschstraße selbst verursacht worden sin kann, also keine andere Schadensursache in Betracht kommt (vgl. auch LG Wuppertal, ZfSch 2013, 437).

Diesen Anscheinsbeweis kann der Betreiber zwar hinsichtlich seiner Pflichtverletzung erschüttern, indem er nachweist, dass seine Anlage den anerkannten Regeln der Technik entspricht und er seiner Verkehrssicherungspflicht genügt hat. Das erfordert auch den Nachweis, dass er die Anlage so organisiert, betreibt, wartet, kontrolliert und beaufsichtigt hat, wie dies nach dem Stand der Technik möglich und zumutbar ist, um Beschädigungen der PKW in der Anlage zu vermeiden (so auch Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, NJW-RR 2004, 962).

Auch wenn der Unfall ursächlich von dem Fahrer des vor dem Geschädigten befindlichen PKW verursacht wurde, ist der Schaden im Außenverhältnis dennoch dem Betreiber zuzurechnen. Vom PKW des Geschädigten , der ausgeschaltet bzw. im Leerlauf war, ging während des Waschvorganges keinerlei Betriebsgefahr aus. Er wurde quasi zum „Bestandteil der Waschanlage“. Damit greift der Anscheinsbeweis ein (vgl. auch Amtsgericht Köln, NJW-RR 2013, 227) und das Verschulden des Betreibers wird vermutet. Bei automatisierten Waschanlagen muss der Betreiber sicherstellen, dass im Falle einer offenkundig gefahrträchtigen Situation die Abschaltung des Laufbands der Anlage sofort erfolgt. Dies ist hier nicht geschehen. Sofern ein PKW in der Waschstraße unverschuldet den Kontakt zur Schleppvorrichtung verliert und damit als gefahrenträchtiges Hindernis in der Waschstraße stehen bleibt, wäre zu erwarten, dass eine hochkomplexe Anlage über geeignete Sensoren bzw. Lichtschranken verfügt, die bei entsprechenden Impulsen einen Autostopp bewirken.

Sollte ein automatisches Anschalten nach dem Stand der Technik nicht möglich sein, wäre der Betreiber gehalten, den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage per Videoüberwachung oder mittels eines hierfür abgestellten Hilfsmitarbeiters zu überwachen ( so auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 2004, 962).

Schließlich konnte sich der Betreiber auch nicht darauf berufen, dass der Geschädigte seinerseits nicht gebremst hat, war doch bei der Einfahrt in die Waschstraße das Schild „nicht bremsen“ angebracht; zum anderen ist doch der Unfall gerade durch einen Bremsvorgang eines anderen PKW verursacht worden, weshalb der Geschädigte berechtigterweise nicht gebremst hatte.

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